Turmuhren – Geschichtliches

Hausuhr, Holzschnitt von Bertholdus, Basel 1492

Die Entstehung der Räderuhr mit mechanischer Hemmung liegt auch heute noch im Dunkel der Geschichte. Wahrscheinlich wurde sie um das Jahr 1270 in einem Kloster erfunden, denn dort war durch die regelmäßigen Gebetszeiten ein fester Tagesablauf vorgegeben und damit auch die Notwendigkeit einer genaueren Zeitmessung. So wird 1284 erstmals eine Turmuhr in der Kathedrale von Exeter in England erwähnt. Die älteste erhaltene und heute noch funktionsfähige Turmuhr stand in der Kathedrale von Salesbury und stammt aus dem Jahr 1386. Turmuhren waren damals noch selten, sodaß die Stunden meist von einem Türmer mit dem Hammer angeschlagen werden mußten. Den richtigen Zeitpunkt dafür konnte er anhand einer kleiner Wanduhr mit Weckerschelle, der Türmeruhr, erkennen, die stündlich anschlug. Zeigten diese Uhren vorerst nur die Zeit an, so verbreiteten sich ab 1300 auch Turmuhren mit Schlagwerk über ganz Italien, Frankreich und Deutschland.

Als um 1320 der Dichter Dante Alighieri in seiner „Göttlichen Komödie“ eine Räderuhr mit mechanischer Hemmung beschreibt, dürften Uhren bereits allgemein bekannt gewesen sein. Noch waren sie in den Kirchen und Rathäusern vieler Städte und Schlösser reine Prestigeobjekte. Aber bereits im 15. Jahrhundert sind die Kirchen fast aller mitteleuropäischen Städte und vieler Dörfer mit Turmuhren ausgestattet. Diese Turmuhren waren „öffentliche Uhren“, die das öffentliche Leben der Gesellschaft, von Handel, Gewerbe, städtische und kirchliche Termine, regelten. Diese Turmuhren waren reine Schlaguhren, deren Glockenschlag die Zeit verkündete. Erst gegen 1500 wurde auch die Zeitanzeige auf einem Zifferblatt mit Zeiger allgemein gebräuchlich. Turmuhren und auch Kleinuhren wurden damals von Schmieden und Schlossern angefertigt, die oft noch in keinen Zünften vereinigt waren.

Uhrmacherwerkstatt, Holzschnitt von Jost Amann, 1568

1451 entstand die erste Zunftordnung für Uhrmacher in Wien. Diese Zunftordnung erlangte später, gering variiert, in allen Reichsstädten Gültigkeit. In diesen Zünften waren bis in die 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts sowohl Großuhrmacher, als auch Kleinuhrmacher und andere Gewerke, wie z.B. Büchsenmacher zusammengeschlossen. Die Uhren gingen damals trotz ständiger Wartung und Reparaturen meist sehr ungenau, denn die gleichmäßigen Schwingungen des Horizontalpendels, der Spindelhemmung mit Waag, waren in erster Linie von dem präzise gearbeiteten Räderwerk der Uhr abhängig.

Erst durch die Entdeckung der Pendelgesetze durch Galileio Galilei im Jahr 1641 und deren Nutzung durch das freie, vertikal schwingende Pendel durch Christian Huygens 1656, gelang eine enorme Verbesserung der Genauigkeit der Zeitmessung. Vor allem die englischen Uhrmacher des 18. Jahrhunderts erkannten die Bedeutung des Pendels und es gelang ihnen durch bessere Hemmungssysteme, wie dem Hakengang von William Clement 1676, oder dem Ankergang von George Graham 1715 den Uhren eine Genauigkeit zu verleihen, die erst von den Zeitmessern des 20. Jahrhunderts übertroffen wurde.

1741 erfindet der französische Uhrmacher Jean Louis Amant die Stiften- oder Scherenhemmung, die wegen ihrer geringen Ansprüche an das Gehwerk und der guten Ganggenauigkeit vor allem bei Turmuhren bis in das 20. Jahrhundert Verwendung fand.

Die Turmuhren der Uhrenstube Aschau spannen einen Bogen dieser Entwicklung der Uhrentechnik von der Gotik Ende des 15. Jahrhunderts, zu der Renaissance und vom Barock bis zum Industriezeitalter des 19. Jahrhunderts.