Sebastian Köstler und die Eisenstädter Uhrmacherzünfte

Anlässlich des 200sten Todesjahres des Komponisten Joseph Haydn fand im Juni 2009 im Burgenländischen Landesmuseum in Eisenstadt eine Sonderveranstaltung mit dem Thema „Eisenstädter Lebenswelt zur Haydnzeit“ statt. Dabei wurde anhand schriftlicher Quellen das alltägliche Leben von acht, sehr unterschiedlichen Menschen im Spiegel des Alltages vor 200 Jahren gezeigt. Einer davon war der Uhrmacher Sebastian Köstler, der zu Joseph Haydn ein besonderes Nahverhältnis hatte.

Die Uhrenstube Aschau wurde eingeladen, an dieser Veranstaltung teilzunehmen und den Bereich Leben und Handwerk der Uhrmacher dieser Zeit in Eisenstadt vorzustellen. Im Zuge der Vorarbeiten stellte sich heraus, daß Sebastian Köstler auch die Turmuhr des Schloßes in Eisenstadt angefertigt hatte. Die weitere Beschäftigung mit dem Thema hat mich derart fasziniert, daß Gesellschaft, Handwerk und Zünfte des ausgehenden 18. und dem Beginn des 19. Jahrhunderts mit Sebastian Köstler als zentrale Figur eines meiner nächsten Forschungsziele wird.

Eisenstädter Lebenswelt zur Haydnzeit

Joseph Haydn (1732-1809) wirkte ab dem Jahr 1761 mehr als vierzig Jahre als Kapellmeister am Esterházy´schen Hof in Eisenstadt. Eisenstadt war in dieser Zeit wirtschaftlich wenig entwickelt. Gleichzeitig war Eisenstadt eine geteilte Stadt. Schon ab dem Jahr 1648 bestand eine selbständige verwaltungsmäßige und wirtschaftliche Zweiteilung zwischen der Herrschaft Esterházy und der königlichen Freistadt. Das führte oft zu einem scharfen Konkurrenzkampf, denn viele Handwerksbetriebe, aber selbst Spitäler und Apotheken gab es doppelt. Sie waren innerhalb des Schlossgrundes genauso angesiedelt wie innerhalb der Freistadt. Hier in diesem Ausstellungsraum können Sie acht, sehr unterschiedlichen Menschen aus jener Zeit begegnen. Wir kennen ihr Leben bislang aus schriftlichen Quellen und finden darin einen Spiegel des Alltags vor 200 Jahren – das tägliche Leben dieser acht Männer und Frauen in ihrer Geschäftstätigkeit, ihrer Not, ihrer Trauer und ihrer Freude. Einer davon war der Uhrmacher Sebastian Köstler, der zu Joseph Haydn ein besonderes Nahverhältnis hatte.

Im Rahmen des Jahrmarktes des 18. Jahrhunderts im Landesmuseum Burgenland sind einige Zeitmesser aus der Sammlung der Uhrenstube Aschau zu sehen, die für gutbürgerliche Haushalte in Eisenstadt zur Zeit Joseph Haydns typisch waren – eine spätbarocke Stutzuhr, einen Taschenuhrständer, eine Öllampenuhr (diese stand meist auf dem Nachtkästchen – der sinkende Ölstand des abgebrannten Öles zeigt auf einer Skala von VIII Uhr abends bis VII Uhr morgens die Zeit an), sowie eine prunkvolle Stutzuhr vonSebastian Köstler, ein Exponat des Burgenländischen Landesmuseums.

Sebastian Köstler, Uhrmachermeister:

Joseph Haydn, der sich nur selten den Bitten seiner Musiker verschloß, als Trauzeuge oder Pate zu agieren, wohnte als Zeuge auch der Eheschließung des Musikers Josef Elsler mit der Tochter des Eisenstädter Uhrmachers Sebastian Köstler bei. Später wurde er auch Pate der vier Kinder des Ehepaares Köstler. Der Brautvater Sebastian Köstler war ein hoch angesehener Uhrmachermeister, der sich als Großuhrmacher einen guten Ruf machte und für den Fürsten auch die Turmuhr des Eisenstädter Schlosses anfertigte. Wie gut sich die Uhrmacherzunft auf Musikpflege verstand, ist einem frühen, sogenannten „Forderniss der Schlosser- und Uhrmacherinnung“ zu entnehmen. Darin wurden junge Meister angehalten, neben „feisten“ und „fetten“ Speisen auch „wie es allezeit gebreichlich, guete musicanten“ zur Belustigung zu bestellen. Sebastian Köstler, geb. ca. 1715 in der Oberpfalz, wird 1746 Geselle in Eisenstadt und noch im selben Jahr Uhrmachermeister. 1751 wird er als Schlosser-Meister in die Zunft aufgenommen. Er war, obwohl dies den Zunftgesetzen widersprach, bereits vor seiner Freisprechung verheiratet und scheint auch bereits Kinder gehabt zu haben. Jedenfalls sind er und seine Frau Katharina in den Eisenstädter Heiratsmatrikeln nicht zu finden. Sebastian Köstler hatte insgesamt 8 Kinder, von denen zwei Söhne, Samuel und Johann, das Uhrmacherhandwerk erlernten. Seine Tochter Eva Maria heiratete 1766 den Musiker Josef Elßler; Sebastian wird dadurch zum Urgroßvater der Tänzerin Fanny Elßler.

Die Eisenstädter Uhrmacherzünfte

Uhren waren im 17. und 18. Jahrhundert und noch bis weit in das 19. Jahrhundert hinein nicht nur Zeitmesser, sondern auch Prestigeobjekte, die sich nur begüterte Bürger und Adelige leisten konnten. Dem entsprechend war die Nachfrage nicht sehr groß und so es gab nur wenige Uhrmacher, die keine eigene Zunft hatten, sondern in Sammelzünften mit artverwandten Berufen organisiert waren, z.B. Schlosser, Uhrmacher und Büchsenmacher. So war es auch in Eisenstadt. Das älteste, allerdings nur in einer Abschrift aus dem frühen Jahrhundert erhaltene Dokument, das die Existenz einer Schlosser-, Uhrmacher- und Büchsenmacherzunft belegt, stammt aus dem Jahr 1639 und beruft sich jedoch bereits auf ältere Rechte. 1710 verleiht Fürst Paul Esterházy den in der Herrschaft Eisenstadt tätigenSchlossern, Pixenmaistern, Lethen (Spengler), Uhrmachern und Spohrern“ eine Handwerksordnung, die jedoch nicht erhalten geblieben ist. Dieser Zunft, deren Rechte in einem „Gewaltbrief“ aus dem Jahr 1711 bestätigt wurden, schlossen sich auch die in derStadt wohnhaften und tätigen Meister der genannten Handwerke an.

1813 trennen sich die „Bürgerlichen meister aus Befehl und Einwilligung des Wohl Edlen Magistrates … von der Fürstlichen Lade“ und errichten eine eigene Zunft. Ab diesem Zeitpunkt existieren bis zur Aufhebung der Zünfte im Königreich Ungarn im Jahr 1827 die fürstliche und die bürgerliche Zunft nebeneinander. Die ersten namentlich bekannten Uhrmacher in Eisenstadt dürften mit großer Wahrscheinlichkeit Turmuhrmacher gewesen sein. So wird etwa Friedrich Schiller 1738 Uhrmachermeister und 1741 Schlossermeister genannt. Ebenso wird Sebastian Köstler 1746 als Uhrmacher und 1751 als Schlossermeister angeführt. Das heißt, sie waren in beiden Handwerken ausgebildet. Als Schlosser fertigten sie auch Turmuhren an.

Etwa ab der Mitte des 18. Jahrhunderts erschließt ein neuer Abnehmerkreis – Bürger und gehobene Handwerker, vereinzelt auch wohlhabende Bauern – den Absatz von Uhren für die Verwendung im Wohnbereich (Bodenstand-, Stutz- und Wanduhren) auch in Eisenstadt und Umgebung. So verlegten sich einige Meister vorwiegend, bzw. ausschließlich auf diese Uhren.

Einige Meister der Fürstlichen Eisenstädter Zunft:
– Friedrich Schiller, 1738 Uhrmacher-, 1741 Schlossermeister
– Franz Josef Pien, 1743 Meister
– Sebastian Köstler 1746 Uhrmacher-, 1751 Schlossermeister
– Leopold Mohr 1746 Meister
– Johann Bredhauer 1754 Großuhrmacher
– Johann Michael Weltz 1761 Großuhrmacher
– Philipp Krutz 1761 Meister
– Johann Köstler 1769 Meister
– Veit (Vitus) Sitly 1772 Meister
– Johann Flaschge 1787 Meister
– Andreas Müllner 1789 Meister
– Johann B (P)an(n)osch 1801 Meister
– Andreas Nebel (Nöbl) 1805 Meister
– Johann Müller 1810 Meister und Andere

Einige Meister der städtischen Zunft:
– Johann Panosch 1830 Meister
– Andreas Nebel 1813 Meister
– Balthasar Banosch 1813 Meister
– Gotfried Artner 1817 Meister und Andere

Außer in diesen Zünften gab es auch Meister die nicht in Zünften gebunden waren. Diese waren meist geduldet und der Qualität ihrer Arbeit wegen oft von der Herrschaft geschützt.

Ing. Wolfgang Komzak
Uhrenstube Aschau
Museum für Turmuhren und Bratenwender